Autovermieter in Namibia



Autovermieter – Auto

Wir haben (mit viel vertraglichem Risiko) direkt in Namibia über das Internet bei einem „Billigvermieter“ – neudeutsch „Discounter“ - gemietet: Value Car Rental. Die Firma befindet sich auf dem gleichen Grundstück und im gleichen Gebäude wie das auch in Deutschland bekannte Asco Car Hire (und noch mindestens zwei weitere kleine, international bekannte Vermieter) am Rande der Innenstadt von Windhuk. Die gut funktionierenden Zubringerfahrten werden auch mit Asco Car Hire Fahrzeugen durchgeführt. Auch personell und wartungstechnisch scheint sich da einiges zu verquicken. Ich vermute, dass die alten (d. h. ab einer bestimmten km-Zahl) Fahrzeuge, die sich für die renommierten – oder sagen wir international bekannten - Firmen nicht mehr eigenen, von Value weiterverwerten werden. Prinzipiell in meinen Augen eine gute Sache. Ich muss nicht immer alles neu haben. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste und trotzdem gut erhalten.

Das Fahrzeug war ein 2004er Nissan 4x4 Double Cab mit Dachzelt und Tachostand ca. 110000 km, das Canopy hatte Fenster. Beim ersten Anblick und Probesitzen haben wir einen Schreck bekommen, der sich schnell relativierte, als wir die neueren Fahrzeuge von Asco sahen, die vom Erhaltungszustand und der Sauberkeit auch nicht soviel anders aussahen.

Besonders das Reifenprofil ließ mich allerdings stark zweifeln. Meine Fragen hinsichtlich Preis eines neuen Reifens bei Panne ergab sinngemäß: Sie zahlen nur die Millimeter, die auch auf dem Reifen waren. Das spielte sich realistisch zwischen beängstigenden 2 und etwas beruhigenderen 5 mm ab, wobei man mir avisierte, dass ein neuer Reifen ca. 17 mm habe. Hieße also nach meiner Rechnung, ich würde im Fall des Falles nur etwa 1/3 des Reifenneupreises zahlen müssen. Zum Glück trat dieser Fall nicht auf und ich musste den Wahrheitsgehalt dieser mündlichen Aussage eines Asco Mitarbeiters nicht praktisch überprüfen. Das Fahrzeug hatte wirklich unzählige Macken, Lackkratzer und 2 Einschläge auf der Frontscheibe. Die Stoßstange hinten war deutlich nach innen gedrückt. Da ist wohl jemand gegen einen Pöl oder Baum o. ä. gedonnert. Meine Autovermietung tat so, als gäbe es diese Delle nicht und versicherte mir, dass das kein Unfallfahrzeug wäre – natürlich mündlich. Den ganzen „Kratzerquatsch“ in einem Protokoll aufzunehmen fand ich belustigend und verunsichernd – vor allem aber sinnlos. Die Fahrzeugübernahme und Erklärung war deutlich zu kurz, hastig, unklar und unvollständig. Mein Nachfrage bezüglich des schlechten Reifenzustands ergab: „You pay real money, you get real tires – you pay Value, you get Value!” Die beiden Ersatzreifen waren in meinen Augen ebenfalls in äußerst bescheidenem Zustand.

Wir wurden – das fand ich posititv - noch extra mündlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Vollkasko mit Selbstbehalt nur zahle, wenn ein anderes Fahrzeug beteiligt sei und dass man unbedingt den Schlüssel für das Diebstahllock am Schalthebel haben müsse, falls das Fahrzeug geklaut würde. Und all die Ausnahmen für Nichtzahlung wurden auch extra genannt: Fahrlässigkeit, Trunkenheit, hohe Geschwindigkeit, Glas, Reifen und, und, und. Am Ende ist einem klar, dass diese Vollkasko faktisch in den meisten Fällen nichts wert und Augenwischerei ist. Im Falle eines Unfalls wird eine Schadenregulierung meist an der Auslegung des Begriffs „Fahrlässigkeit“ durch den Vermieter und dessen Kulanz hängen. Es bleibt ein hohes finanzielles Risiko bei so einer Automiete und eigentlich ist man verrückt, dass man das so macht. Ich hatte eine lange Liste deutschsprachiger Rechtsanwälte am Mann, aber über die Justiz Namibias habe ich wenig hoffnungsvolles gehört.

Was die Ausrüstung angeht, habe ich so ziemlich alles genommen, was die Liste des Vermieters hergab - wobei der Werkzeugkasten eher aus der Abteilung „Werbegeschenk“ zu stammen schien: Einmal böse angucken und „Knack“. Campingausrüstung, Dachzelt, Transfer, 2. Fahrer, 2. Ersatzreifen, Grenzübertrittsgebühr, Verbandspaket, Kompressor, Holzblock und was weiß ich noch. Alles in allem haben wir bei 11000 N$ Selbstbehalt immer noch günstige ca. 650 N$ pro Tag bezahlt (die endgültige Abrechnung liegt aber noch nicht vor), das Fahrzeug war von 2004, gerade 3 Jahre alt. Insofern ging das voll in Orndung.

Wir haben noch eine 2. Kunststoffbox für Nahrungsmittel rausleiern können – im Nachhinein muss ich sagen, von diesen Boxen kann man nicht genug haben, die Dinger sind relativ staubdicht und schnell mal abgewaschen. Das Dachzelt war in meinen Augen fast neu bis nagelneu, ebenso wie die 2 Campingstühle – Glück gehabt. Die Matratze (ca. 5 cm) entpuppte sich auch als neu und sehr sauber. Wir haben nur eine Fließdecke drübergespannt und so haben wir uns im Zelt ganz wohl gefühlt. Überhaupt dieses Zelt – eine geniale Sache, warum hat das bei uns in Deutschland keiner? Habe ich jemals eine bessere Zeltlösung gesehen? Nie! In den nicht ganz sauberen Schlafsack des Vermieters würde ich mich – wie vermutet – nur im Notfall legen, der ist auch keinesfalls tauglich für tiefe Temperaturen, eher ein Sommerschlafsack (Deckenschlafsack). Wir haben einen beim Vermieter gelassen, den anderen als Notfallsack mitgenommen und tatsächlich einmal in der Kalahari genutzt und zusätzlich über unsere Säcke geworfen.

Die Rückgabe des Fahrzeugs entpuppte sich als relativ unkompliziert, dauerte ca. 30 Minuten und es wurde letztendlich nichts bemängelt. Ich bekam aber nichts schriftliches, musste aber im Vorbeigehen ohne Erklärungen irgendetwas unterschreiben, falls man noch was fände … Kreditkartenbelastung. Fantasievolle den Kunden einseitig benachteiligende Bedingungen. Trotz Volltankens unmittelbar vor Rückgabe haben die es aber geschafft, weitere 26 Liter in den Tank zu stopfen – ich sah, wie er dabei mehrmals überlief. Dafür war er zugegebenermaßen bei Übernahme so voll, dass es vor dem ersten Supermarkt in Windhuk aus dem Überdruckventil für den Sprit nur so heraussiffte und das komplette Auto und seine Umgebung nach Sprit stinken ließ (was uns zunächst aus Unkenntnis sehr beunruhigte und zur Rückfahrt zum Vermieter bewegte) und selbst den Sicherheitsmann auf dem Parkplatz zu einer „Schnellinspektion“ unter dem Fahrzeug bewog, der die Funktion dieses Ventils natürlich auch nicht kannte. Die Lösung war ein kurzes Öffnen des Tankdeckels, um Luft entweichen zu lassen. Es zischt dann kurz, der Tank beult sich manchmal mit einem kräftigen „Blong“ und das war es. Wieso kommt so ewas nicht auf einen Infozettel oder wird einem vorher gesagt? Für uns hieß das Unsicherheit und Umweg.

Der Spritverbrauch des Autos lag am Ende im Schnitt bei ca. 13,7 Liter und ich fahre nicht langsam, das fand ich erstaunlich, ich hatte mit ca. 17 Litern gerechnet.

Negativ fiel auf: Die Schlösser des Canopy (die „Haube“ auf der Ladefläche) waren eine Katastrophe, ich musste mehrfach herumschrauben um sie gängig zu halten - was mit dieser Spielzeug-Wapuzange nie von langer Dauer war. Manchmal dauerte es minutenlang bis ich sie öffnen konnte. Am Ende ließen wir eine Seite immer offen, um zu verhindern, mal nicht mehr hineinzukommen. Auch einige Karosserieteile (Frontschürze, Radkästen) musste ich an diversen Stellen mehrfach wieder zusammenschrauben, der innerlich etwas verrostete Kühlschrank fiel nach ca. 10 Tagen für einige Tage aus, bis wir ihn in Swakopmund reparieren ließen (die Batterie wurde neu geladen). Das hielt dann für weitere 4 Tage und dann war es auch egal, weil wir ihn die letzten 2 Tage nicht mehr benötigten. Wir haben es bei Rückgabe nicht erwähnt, die Rechnung von 200 N$ haben wir selbst übernommen – wozu schlafende Hunde wecken.

Der bei vielen Vermietern erhältliche Toyota Hillux ist übrigens deutlich höher als die Nissans, wir haben trotzdem ausreichend gesehen, vielleicht ist es wegen der Überschlaggefahr sogar besser, den Fahrzeugschwerpunkt niedriger zu halten. Aber nach Möglichkeit würde ich trotzdem beim nächsten Trip auf einen Toyota achten. Double Cabin ist auf alle Fälle vorzuziehen, man hat soviel Gedöns vorne herumfliegen, an das man ansonsten während der Fahrt nicht herankäme. Aus Platzgründen muss man leider auch das ein oder andere Gepäckstück vorne deponieren, kann es aber mit Handtüchern oder Mülltüten leicht abdecken. Außerhalb größerer Städte sehe ich da sowieso kaum ein Problem.

Die Versicherungsbedingungen der Fahrzeuge sind im Grunde katastrophal, das gilt aber wohl für jeden mir bekannten Autovermieter in Namibia, wenn man dort direkt bucht. Wie die praktisch umgesetzt werden, wird ja im o. g. Forum heiß diskutiert und ist wohl auch unterschiedlich. Meine Nachfrage nach „PKW“ oder „LKW“ ergab ein relativ sicheres „LKW“ für unser Fahrzeug. Was das versicherungstechnisch bedeutet (VISA Card Business Versicherung) werden wir wohl erst wissen, wenn der Fall des (Un)falles mal eintritt. Uns hat es zum Glück nicht getroffen.

Achtung Kreditkartenfalle: Wir haben uns vor dem Urlaub aus den bekannten Versicherungsgründen eine VISA Card mit Business Paket geholt. Der Schreck beim Vermieter: „There is a problem with your card!“ Es gab ein Limit, von dem wir Döspaddel nichts wussten und das man erst nach der ersten Abrechnung erhöhen kann. Die erste Abrechnung kommt aber erst im September. Wir hatten aber August. Da sitzt du dann beim Vermieter und der sagt dir eiskalt: „Ich kann dir das Auto nicht vermieten! Wenn du anrufen willst, kostet dich das … bar!“ Zum Glück hat der Mann bei VISA uns dann telefonisch innerhalb von 2 Minuten schnell und unkompliziert wenigstens für die Autovermietung das Limit erhöht und uns damit sozusagen erstmal den Arsch gerettet. Danach war die Karte für diesen Urlaub allerdings untauglich. Na ja, selber Schuld, aber wir hatten vor dem kurzfristigen Urlaub soviele Informationen einzuholen, dass wir das mit dem Limit übersehen hatten – wenn es denn irgendwo stand, wovon ich mal ungeprüft ausgehe.

Ich empfehle sowieso, mindestens zwei Kreditkartentypen in Namibia bei sich zu führen, zusätzlich zur EC (Maestro)-Karte. Automaten funktionieren in Namibia überdurchschnittlich häufig nicht oder geben dir nur sehr wenig Geld. Häufig stößt man auf Automaten, die das Maestro-Zeichen nicht aufweisen. Wir sind ohne Bargeld und ohne Reisechecks gefahren, hatten aber in Windhuk zunächst Probleme einen Automaten mit Maestro-Zeichen zu finden. Die Geldbeschaffung hat uns Nerven und 45 Minuten Zeit gekostet. Das hatten wir in Südafrika bisher nirgendwo erlebt.

Zurück zur Automiete: Insgesamt war das mit der Miete zunächst erschreckend, aber im Nachhinein im Angesicht des Preises ganz okay (aber es hat ja am Ende auch alles geklappt … obwohl, warten wir mal die Abrechnung ab). Man gewöhnt sich an die Eigenheiten eines Fahrzeugs nach zwei, drei Tagen und gewinnt es dann lieb. Der Motor schnurrte sowieso wie ein Kätzchen, auch wenn er etwas schwachbrüstig war. Dafür konnte man ziemlich schaltfaul fahren, was z. B. bei langsamem cruisen durch Safarigebiet von Vorteil ist. Unsicherheiten bleiben angesichts der Vertragsbedingungen, des Zustandes der Reifen und der hastigen Einweisung.

Eigentlich störte uns nur eines ungemein, was aber weniger mit dem Fahrzeug zu tun hatte: Die immer wieder auftretende unterschwellige (Un)Freundlichkeit und Distanziertheit der Mitarbeiter dort und die viel zu hastige Abfertigung lässt einen sich nicht wohl fühlen. Wenn die keine Lust haben sich länger aktiv mit den Kunden zu befassen, warum machen die nicht ein kleines Infoblättchen, die kennen doch sicher die Eigenheiten ihrer Fahrzeuge? Nachfragen und Umstände waren nicht beliebt und immer wenn ein Vorgang vom Standard abweichte, ließen die Mitarbeiter einen merken, dass das nicht gewünscht war. Das gilt nicht nur für unseren Autovermieter sondern auch für die anderen dort ansässigen Firmen. Wir kamen 3 Stunden vor Abgabtermin zurück, um unser Gepäck in der Autovermietung zu deponieren – wir wollten noch in die Innenstadt. Das erste was man als Begrüßung hörte war nicht: „Wie war es in Namibia?“ sondern ein verständnisloses: „Sie sind zu früh, Abgabe ist erst um 4.“

Erstaunlicherweise mussten wir aber feststellen, dass dieses Phänomen der unterschwelligen Unfreundlichkeit und Distanziertheit auch an anderen Stellen Namibias auftrat.

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Autor: Remo Nemitz