Mauretanien - Senegal - Gambia
An diesem Tag sind wir auf Werkstattsuche in Mauretaniens Hauptstadt Nouakchott:
Am Morgen fahren wir aus eigenem Antrieb im Schritttempo in die Stadt und halten an der ersten Werkstatt. Leider ist die sehr teuer und wir müssen uns weiter umsehen. Irgendwo finden wir eine kleine Schrauberbude, mit der wir uns schnell auf einen Preis einigen. Sofort wird das Auto aufgebockt und seitlich auf einen Motorblock gelegt. Ich fahre mit den Werkstattchefs einige Ersatzteilhändler ab, um alle Teil zusammen zu suchen. Heute lassen wir das Auto über Nacht hier stehen und können auf dem Zeltplatz auf einer richtigen Matratze schlafen.
Die Werkstatt hat an diesem Tag unsere Vanette wieder ganz bekommen und das Auto fährt besser als zuvor.
Die Reparatur wird am Morgen gleich fortgesetzt. Neben der kaputten Kupplungsscheibe waren der Öl- und der Luftfilter verstopft und wir hatten dazu noch in Nouadhibou Diesel mit Wasser vermischt getankt. Das Warten auf dem Werkstattplatz ist sehr interessant. Die Werkstatt an sich gehört einem Mauren, die Arbeiten werden aber von Schwarzen, meist Senegalesen, gemacht. Sehr übliche Rassentrennung und Hierarchie in Mauretanien. Wir können uns mit einem maurischen Englischstudenten über die ganzen Umstände im Land unterhalten und bekommen viele Informationen. Bis zum Nachmittag ist alles wieder in Ordnung. Am Abend drehen wir noch einige Runden durch die Stadt, die erst einige Jahre alt ist und die Menschen hier vor kurzer Zeit in der Wüste in Zelten gelebt haben. Dies sieht man dem Stadtbild auch an. Wir beobachten dabei den Verkehr an der einzigen Ampel im Lande, vor der wir 20 Minuten warten müssen, bevor wir über die Kreuzung kommen.
An diesem Tag verlassen wir Nouakchott und Mauretanien in Richtung St. Louis/ Senegal.
Hinter Nouakchott führt wieder eine Teerstrasse in die Richtung der senegalesischen Grenze. Die Vegetation wird recht schnell grüner und wir sehen sogar einige Palmenwälder an den Seiten. Wir nehmen nicht den gefürchtetem Grenzübergang in Rosso, vor dem uns alle warnen, sondern durchfahren ein Naturschutzgebiet am Senegalfluss. Der Übergang hier ist sehr leer und es nervt niemand. Um Geld zu sparen, verhandle ich mit jedem mauretanischen Beamten an der Grenze mit Geschenken rum. Einer bekommt zum Beispiel anstatt seiner 10 Euro zwei Lippenstifte, einen Frauenslip und ein Parfum. Wir haben ja noch einige Chadeaux in unseren Tüten. Auf senegalesischer Seite funktionieren solche Tricks leider kaum noch. Da wir sehr lange an der Grenze brauchen, erreichen wir erst am Abend St. Louis. Es ist dennoch sehr schön, wieder Musik zu hören, Frauen auf der Straße oder einfach bunte Farben zu sehen. Die Leute lachen wieder. Im Dunkeln kommen wir auf dem Zeltplatz Zebrabar an. Hier kommt wirklich jeder vorbei, der solche Touren macht, und jetzt wissen wir auch warum. Es gibt eine große Kühltruhe mit Bier. Etwas besseres hätte man hier nicht haben können und wir löten uns an diesem Abend so richtig weg. Verdient haben wir es, nachdem wir Mauretanien dank der Hilfe von Micha und von anderen geschafft haben. An diesem Abend gibt es lange Storys auszutauschen.
An den Folgetagen bleiben wir in St. Louis. Wir fahren in die schöne Kolonialstadt und freuen uns über die wieder gewonnenen Dinge, die wir in Mauretanien vermisst haben. In St. Louis treffen wir endlich mit Evi und Ed zusammen. Vor allem über die umliegende Natur des Zeltplatzes freuen wir uns sehr.
In St. Louis trennen sich endgültig unsere Wege von den anderen, die noch eine ganze Weile in der Zebrabar bleiben wollen. Jäkel und ich fahren alleine weiter.
Die Straßenzustände bis Mbour sind gut. Wir kommen gut vorwärts. Schön sind vor allem die großen Affenbrotbäume, die in dieser Jahreszeit ganz kahl sind. In manchen Gegenden sind ganze Wälder dieser riesigen und etwas krüppligen Bäume zu sehen. Die Dörfer an den Straßenseiten entsprechen schon richtig unserem Bild von Afrika. Ich werde sehr an meinen ersten Urlaub vor 5 Jahren hier erinnert. Bei Mbour besuchen wir den Reserve de Bandia, einen Naturschutzpark. Hier können wir Nashörner, Giraffen, Straußen, Wasserbüffel sowie unzählige Antilopen und Gazellen sehen. Anschließend begeben wir uns auf die Straßen Richtung Kaolack. Diese Straße ist aber so mit Löchern übersät, dass wir bis zum Abend nur noch wenig Strecke zurücklegen können. Bei Einbruch der Dunkelheit stellen wir uns zum Schlafen einfach auf ein Feld.
Am folgenden Tag fahren wir bis Gambia durch und erreichen unser endgültiges Ziel, den Sukuta Campingplatz:
Am Morgen starten wir recht früh, um möglichst früh unser Endziel, den Campingplatz Sukuta Camping in Sukuta auf der Südseite von Gambia, zu erreichen. Zwar verbessern sich die Straßenzustände nicht und wir kommen deswegen nur langsam vorwärts, aber wir können uns heute Zeit lassen. Von der Entfernung haben wir nicht viel zurückzulegen. Wir genießen auf der Fahrt die schöne Savannenlandschaft um uns. Interessant sind vor allem einige deutsche Kanonen aus dem ersten Weltkrieg, die an der Fähre über den Saloum-Fluss stehen. Gegen Mittag kommen wir an der gambianischen Grenze an. Alles funktioniert hier reibungslos. Wir merken zwar, dass es einige Beamten wieder auf etwas Bakschisch abgesehen haben, können uns aber erfolgreich dagegen wehren. Endlich können wir auch wieder unser Englisch anwenden. Wegen den andauernden Schlaglochstraßen, die den weiteren Weg endlos in die Länge ziehen, kommen wir nur langsam vorwärts. Als Highlight liegt noch die Fähre über den Gambia-River zwischen Barra und Banjul vor uns. Die Fähre ist bis zum letzten beladen und kommt durch die Wellen auf dem Fluss verdammt ins schaukeln.
Auf den letzen Kilometern bis zum Campingplatz werden wir von den einheimischen Bullen fast noch einmal richtig abgezogen. Wegen angeblichem Falschparken soll ich bis zur Gerichtsverhandlung über diesen Fall in den Knast. Die Bullen drohen mit Schlägen, wenn ich nicht ein bestimmtes Papier unterschreibe. Ich sitze in dem Büro des Bullenreviers, unsere Vanette steht auf dem Hof und Jäkel hält dort die Stellung. Mir geht verdammt die Muffe bei den Androhungen, die ich mir anhören kann und rechne schon mit einer großen Summe, die wir abdrücken müssen um weiterzufahren. Nachdem sich ein Bulle eine der extrem billigen Schachteln Zigaretten von Jäkel abgeholt hat, darf ich endlich losgehen. So geht dieser unnütze Stress mit den Ordnungshütern glimpflich ab.
Am frühen Abend erreichen wir das endgültige und definitive Endziel der Tour von Berlin nach Banjul nach etwa 4 Wochen Fahrt.
In den nächsten Tagen muss ich das Auto alleine an irgendjemanden in Gambia verkaufen. Jäkel fliegt nach zwei Tagen in Gambia über Amsterdam wieder nach Hause zurück und ich bleibe allein mit dem Auto.
Das Land Gambia ist mit seinen ganzen europäischen Pauschal- und Sextouristen eigentlich im Gegensatz zu den vorherigen Ländern eher abschreckend. Zwei Tage hat Jäkel noch Zeit, bis er wieder nach Hause fliegen muss. Wir suchen in diesen Tagen mit einem Unterhändler einen Käufer für die Vanette. Als Jäkel los fliegt, haben wir immer noch keinen ernstzunehmenden Käufer gefunden. In den letzen Tagen muss ich das alleine machen, was für mich natürlich nicht unbedingt ein Spaß ist. Gelernt habe ich in den Tagen: Vertraue dabei keinem ein Wort. Wer dieselben Erfahrungen mit den leeren Versprechungen und Ansagen gehört hat wie ich, kann mir sicher zustimmen. So laufen die Tage in der Woche immer nach dem gleichen Schema ab. Tagsüber werden zahllose potenzielle Käufer erfolglos besucht, am Abend kann ich mir mit den anderen Zeltplatzgästen die Birne weglöten.
Am sechsten Tag der Suche treffe ich zwei Frauen aus Guinea Bissau, die nach einem Auto suchen. Eine der Frauen will das Erbe ihres Mannes in ein Business umsetzen, das heißt, dass sie ein Taxi haben möchte. Dafür ist unsere Vanette das optimale Gefährt. Sie sprechen nur etwas Französisch, sonst nur eine Stammessprache, die in Gambia niemand versteht, haben keine Ahnung von Autotypen und vom -fahren, können nicht lesen und schreiben und haben CFA, eine Währung, die man in allen umliegenden Ländern gebraucht. Alle diese Fakten machen die Verhandlungen nicht einfach. Sie können noch nicht einmal die Zahlen auf dem Taschenrechner deuten und werden später auf dem Kaufvertrag nicht unterschreiben können, sondern ihren Fingerabdruck darunter setzen. Nach dem wir uns halbwegs auf einen Preis geeinigt haben, holen wir einen jungen Mann ab, der zu den Frauen gehört, fahren zum Autocheck in eine Werkstatt und anschließend zu jemandem nach Hause. Leider sind die Frauen noch sehr unsicher und wir fahren auf ein Polizeirevier, um dort den Verkauf abzuwickeln. Das ist mir natürlich auch recht, obwohl ich schon seit Tagen ohne Versicherung umherfahre und Bullen eigentlich immer nicht sehen will. Aber es ist ein sicherer Ort. Ich möchte das Auto nur noch gegen etwas Geld loswerden, da ich nach der langen Käufersuche schon sehr genervt bin. Ein Polizist schreibt einen Kaufvertrag, die Käuferin, ich und zwei Zeugen unterschreiben bzw. setzen ihren Fingerabdruck darauf. Dann zählen wir das Geld. Immerhin ein Millionenbetrag. Anschließend fahre ich die beiden Frauen nach Serekunda. Hier übergebe ich die Autopapiere und die Schlüssel, bekomme mein letztes Geld und räume meinen Rucksack aus dem Auto. Nach dem die Frauen und 20 weitere Gambianer um das Auto stehen und auf mich einreden, ruft mein Unterhändler ein Taxi heran, wir schnappen meine Rucksäcke und flüchten vor der Meute über die Straße und lassen die gute Vanette hinter uns. Eine solch schnelle Trennung von dem treuen Gefährt hätte ich auch nicht erwartet. Die Frauen, die kein Stück Auto fahren können, sollen sehen, wie sie in ihr Land kommen. Ich für meinen Teil habe alles geschafft. Mein Geld ist in der Tasche und alle Sorgen sind los. Der Unterhändler bekommt noch etwas Lohn und ich stehe mit meinen ganzen Sachen ohne Auto auf dem Zeltplatz. Ich bin verdammt froh, dass sich alles noch so gut entwickelt hat und kann am Abend erst einmal richtig feiern.
Zwei Tage später, am Montag dem 24.März 2003, buche ich vormittags einen Flug nach Amsterdam. Dieser Flug geht gleich am Nachmittag. Vorher wechsle ich schnell das CFA-Geld in Euro um, was in Gambia auf der Straße auch bei größeren Mengen kein Problem ist. So erreiche ich Holland und einen Tag später Berlin schneller als ich gedacht hatte.