Auto-Probleme in Mauretanien
Zu den veränderten Straßenzuständen kommen in Mauretanien die Menschen. Sie sind viel dunkler als die marokkanischen Araber. Mauren sind eine Mischung aus Arabern und Berbern. Sie tragen traditioneller Weise hellblaue Gewänder und sind oft mit Tüchern um den Kopf gegen den Sand geschützt. Für uns bedeutet diese neue Szenerie die wirkliche Ankunft in Afrika. Horden von Kindern rennen um die Autos. Die dunklen Menschen in diesem düsteren Licht haben etwas einmaliges auf dieser Reise. Im Stadtbild bewegen sich Autos umher, die alle aus europäischen Lieferungen kommen.
Am folgenden Tag erholen wir uns in Nouadhibou:
Heute machen wir einen Rundgang durch die Stadt. Die Straßen sind weitaus dreckiger, als die in Marokko. Alles sieht sehr ärmlich aus. Am Nachmittag fahren wir zum Bahnhof und sehen den längsten und schwersten Zug der Welt mit seiner Steinerzladung aus einem Abbaugebiet in der Wüste einfahren.
Vor allem der Rand der Stadt sieht sehr nach einer Müllhalde aus und riecht auch so. Wir fahren weiter aus der Stadt in Richtung Cape Blanche. Die Sonne brennt uns sehr auf den Kopf und es ist fast unerträglich heiß. Das ist also Winter in Mauretanien. Auf dem Weg zum Cape Blanche kommen wir an einer Bucht vorbei, in der einige Schiffswracks abgelagert sind. Mauretanien ist wahrscheinlich der Müllplatz für Schiffe anderer Länder.
Der Weg zum Kap ist recht einfach und gibt uns wieder Hoffnung für die nächsten Tage. Zwar sehen wir keine der vom Aussterben bedrohten Mönchsrobben am Kap, dennoch ist es sehr schön hier. Ein breiter Strand, den man von einer steilen, von Wind und Wasser zerfressenen Klippe aus erreichen kann. Auf der Spitze der Klippe steht in diesem super islamischen Land ein christliches Kreuz, was uns etwas verwundert, wie so einige Dinge in diesem Land. Am Abend treffen wir am Zeltplatz den zebrafarbenen Hanomag und können mit seinen Insassen gute Storys austauschen.
Noch verbringen wir einen weiteren Tag in Nouadhibou, besorgen alle Papiere wie Versicherung sowie Zoll und einen Führer, der uns am nächsten Tag durch die Wüste bringen soll. Am Nachmittag fahren wir wieder zum Kap und sehen sogar die seltenen Mönchsrobben.
Dies ist der Tag, an dem wir in die Wüste aufbrechen und am anderen Ende fast nicht mehr ankommen:
Morgens um 11 Uhr erscheint unserer Führer Mohammed. Er wird uns die nächsten 400 Kilometer bis zu dem Dorf Nouamghar leiten.
Ein ganzer Tag allein mit einem kaputten Auto in der Wüste:
Heute starten wir sehr früh, weil der Sand am Morgen noch relativ hart und dadurch besser zu befahren ist. Wir merken gleich, dass die Motorleistung bei hoher Belastung, und die ist nicht zu vermeiden, schnell an Kraft verliert und einfach in einem Sandstück ausgeht. So werden wir wohl kaum die letzten 40 Kilometer vor Nouamghar schaffen, die eine lange Düne nur aus Sand, sind. Noch geht es halbwegs vorwärts. Auf einem harmlosen Stück durch einen Salzsee platzt Micha plötzlich mit einem lauten Knall ein Reifen. Auf dem losen Sand haben wir etwas Mühe, das große Auto aufzubocken und die großen Räder zu wechseln. Anton hält die Stimmung mit lustigen Kommentaren hoch.
Meine Stimmung hat sich seit gestern gewandelt. Die Angst, dass wir es nicht schaffen könnten, ist einer Gleichgültigkeit gewichen. Vielleicht ging es mir so besser. Auf jeden Fall konnte ich alles lockerer sehen, war nun auf alles gefasst und hätte Verluste auch halbwegs hinnehmen können. Jäkel ging es nicht nur mental, sondern auch körperlich schlecht. Seit gestern hat er Durchfall und er ist ganz matt und platt.
Nach einigen Stunden wird die Sonne erträglicher und wir beginnen, das Auto aufzuräumen. Alle brauchbaren Dinge kommen auf einen Haufen, alle unbrauchbaren legen wir auf anderen. In unserer Nähe liegen die Reste von einem abgestorbenen Baum, die wir bei Dunkelheit anzünden. Die unbrauchbaren Sachen verbrennen wir dabei mit, um uns nicht mehr mit ihnen zu belasten. Natürlich tun wir das auch in dem Glauben, das Auto an Ort und Stelle zu verkaufen. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man weiß, dass in diesem Moment dein Leben an dem Tun und Handeln einer anderen Person hängt.
Nachts um 11 Uhr kommt das erste Lebenszeichen von anderen Menschen. Es ist Mohammed und zwei anderen Mauren, die mit einem Jeep zurückkommen. Jäkel schläft zu dieser Zeit schon. Die drei Insassen aus dem Jeep essen erst einmal und dann erklärt uns Mohammed, dass es keine Käufer gibt. Und wir haben uns der Illusion hingegeben und deswegen schon das Auto ausgeräumt. Sie werden uns jetzt in der Nacht durch die Wüste bis an die Dünnen ziehen. Also werden wir mit einem dicken Seil an die Hängerkupplung des Toyotas gehängt und es geht los. Ich muss mich verdammt auf das Fahren konzentrieren, während wir nur einige Meter hinter dem Toyotajeep an dem dicken Abschleppseil durch die dunkle Nacht jagen. Das Auto springt beim fahren vor uns hin und her. Es ist so dunkel, dass wir nichts anderes sehen und die gesamte Strecke nur hoffen können, dass wir mit der Vanette nicht ungünstig irgendwo landen. Nach einer Stunde Fahrt, halten wir und schlafen einige Zeit. Kurze Zeit später ist es hell und wir fahren, immer noch im Schlepptau, über die langen Dünen. Wirklich, kilometerlange Sandflächen auf denen man ohne Allradantrieb ständig in Fahrt bleiben muss. Allmählich erscheint am Horizont Wasser und wir kommen auf einen guten Weg vor dem Dorf.
Nun halten wir und bekommen unsere wahren Aussichten von den drei Mauren präsentiert. 700 Euro für das Abschleppen und 700 Euro für das Auto beim Verkauf. Na gut. Erst einmal können wir nicht viel sagen, da wir auch ohne diese Ansage schon ziemlich fertig sind. Mit meinem besten Französisch handle ich mit den 3 Mauren rum. Diese Verhandlungen ziehen sich über eine Ewigkeit hin. Wir stecken natürlich nun langsam knietief in der Scheiße und haben kaum Argumente gegen ihren Preis. Jäkel und ich beschließen, eher zünden wir das Auto an, bevor wir diesen Gaunern irgendeine einzige Mutter freiwillig aus der Karre übrig lassen. Erst nachdem ich etwas von der Polizei erzähle, was auch immer, setzt sich der Trupp wieder in Bewegung und wir erreichen nach einigen Minuten das Dorf. Dies ist wahrscheinlich wirklich das Ende der Welt. Es stinkt, überall liegt Müll umher, das Dorf ist für uns voller Gauner und die nächste Zivilisation ist einige hundert Kilometer weit weg. Unsere Abschlepper schließen einige unserer Sachen als Sicherheit ein. Wir verhandeln weiter und probieren mehrere Pläne durch. Auch wenn wir den "Abschleppdienst" bezahlt haben, haben wir immer noch eine kaputte Karre am Hacken und bis Nouakchott liegen noch 200 Kilometer am Strand vor uns. 2 Franzosen geben uns Hilfe und übersetzen ein wenig bei der Kommunikation bei den Verhandlungen. Auch geben sie uns Mut, dass wir es auch aus eigener Kraft am Strand entlang schaffen könnten. Unsere Vanette fährt nun bei Probefahrten auf glattem Boden mit viel Gefühl langsam an und wir erreichen etwas Geschwindigkeit. Leider hat man nur die Möglichkeit, in einer Ebbephase die lange Passage zu durchfahren. Unsere Verhandlungen mit unseren Abschleppern ziehen sich bis zum Nachmittag hin. Wir einigen uns auf 300 Euro, 20 Liter Diesel und eine Kiste Werkzeug. Ein harter Preis. Wir beschließen, es in der nächsten Ebbephase einfach zu versuchen. Wenn es nicht klappt, sind wir endgültig verloren und schieben die Karre in den Ozean. Wir bereiten uns möglichst akribisch auf unseren Start vor. Reinigen alle Filter und tanken nach. Mehr können wir in dem Moment nicht tun.
Um 16 Uhr starten wir und schaffen nur mit Hilfe den Weg über den losen Sandstrand bis zum Strandsaum, der harten Fläche fast im Wasser auf der man fahren soll. Irgendwie erreichen wir noch einige Stundenkilometer darauf aber durch die Bodenwellen werden wir immer gebremst und müssen nach wenigen Kilometern aufgeben. Das ist also das endgültige Ende unserer Reise aus eigener Kraft. Die Franzosen, die noch hinter uns gefahren sind, helfen uns die Vanette nach oben vom Wasser weg zu schieben, damit sie bei der nächsten Flut nicht gleich in den Fluten versackt. Falls sie Micha treffen, sollten sie ihm eine Nachricht von uns überbringen und sagen, dass es uns gut geht und er sich keine Sorgen machen muss. Mit dem Gedanken im Kopf, dass die Reise endgültig zu Ende ist, gehen wir nun baden. Wir planen die nächsten Tage so vor, dass wir das Auto dem nächsten verkaufen, der es haben will. Das Dorf Nouamghar liegt noch in Sichtweite, also können wir dort Wasser, obwohl wir noch etwa 40 Liter haben, und ein paar Kekse kaufen.
Eine halbe Stunde später erscheint aus Richtung Nouakchott aber ein LKW. Eigentlich ungewöhnlich, da niemand seit Beginn der Ebbe jetzt schon die Strecke von der Hauptstadt bis hier gefahren sein dürfte. Als er näher kommt, erkennen wir aber zu unserer Freude den zebrafarbenen Hanomag wieder. Wir begrüßen unsere Berliner natürlich dolle. Endlich jemand, dem man unsere Leidensgeschichte seit gestern erzählen kann. Micha, Tanja und Anton hatten wenige Kilometer weiter campiert und auf uns gewartet. Von den Franzosen wussten sie, wo wir etwa sind. Micha ist sofort bereit, uns die letzte Strecke bis nach Nouakchott zu ziehen. Für uns ist in dem Moment wieder alles gut. Micha, unserer Retter und Helfer, ist es zu verdanken, dass wir am Ende in Gambia angekommen sind. Plötzlich sind wir wieder voller Energie, obwohl wir nach den ganzen Strapazen eigentlich schon sehr abgemattet waren. Wir schieben unsere Vanette schnell runter ans Wasser, Micha holt ein großes Stahlseil heraus, wir machen uns am Hanomag fest und langsam geht es vorwärts. In diesem Moment haben wir ein unbeschreibliches Hochgefühl. Durch Michas Hilfe können uns die blöden Mauretanier in der Wüste mal... Bis zum Ende der Ebbe kommen wir noch ein gutes Stück. Wir fahren einige Meter vom Wasser weg und buddeln einen Graben rund um die Autos, damit die Räder nicht vom Wasser bei der Flut umspült werden. So sind wir am Abend froh, dass wir noch ein Stück gekommen sind und morgen ist es nur eine Frage der Zeit, wann wir die Hauptstadt erreichen. Zum Glück gibt es von Micha noch einen Schluck Alkohol zur Beruhigung, außer für den kranken Jäkel, der sich gleich wieder ins Bett legt.
Am nächsten Tag legen wir den Weg am Strand zurück und kommen in Nouakchott an:
Den ersten Teil der Strecke legen wir weiter am Strand zurück. Dann fahren wir auf einer mittelmäßigen Piste etwas im Landesinneren, wo unsere Vanette langsam sogar aus eigener Kraft vorwärts kommt. Am Nachmittag legen wir die letzten Kilometer wieder vom Hanomag gezogen am Strand zurück. Endlich sehen wir die ersten Anzeichen der Hauptstadt. Gleich am Anfang liegt unser Zeltplatz. Hier müssen wir nur noch aus eigener Kraft, getrennt vom Hanomag hochkommen. Selbst Micha bekommt hier die ersten ernsthaften Probleme, als er sehr ungünstig an einer Kannte stecken beleibt und ihm der Gasbautenzug reist. Wir brauchen noch 3 Stunden, um die letzten 100 Meter im Dunkeln über den Strand hoch zum Platz zu kommen. Wir müssen das Auto hoch "blechen", das heißt, dass wir jeden Meter mit der Hilfe unserer Sandleitern erkämpfen müssen. Endlich ist es geschafft. Das Auto ist zwar noch kaputt, aber am nächsten Tag haben wir alle Möglichkeiten, in der Stadt eine Werkstatt aufzusuchen.
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