Dromedar (Kamel) - ausführliche Darstellung des wichtigen Nutztieres in Afrika
im Laufe langer Zeiträume hat das Dromedar (oft auch Kamel genannt)wie kein anderes Säugetier eine Fülle außerordentlicher physiologischer und morphologischer Anpassungen an seinen extremen Lebensraum entwickelt und ist für die Wüstenbewohner zum wichtigsten domizierten Tier geworden.
Das Dromedar stellt nicht nur Milch, Fleisch und Wolle zur Verfügung, es sichert auch den Handel über tausende von Kilometern, und seine Resistenz gegenüber tödlichen Tierkrankheiten macht es unentbehrlich für die Wüstenstämme. Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass die Beduinen das Dromedar "Ata Allah" nennen: "Gottesgabe".
Viele Irrtümer kreisen um den Wasserhaushalt der Dromedare: Höcker und Magensystem speichern angeblich geheimnisvolle Wasservorräte. Richtig ist, dass auch Dromedar kein Wasser bevorraten können, aber wie kein anderes Lebewesen wirksame Mechanismen besitzen, Körperflüssigkeiten nicht durch Transpiration und über die Ausscheidung von Kot und Urin abzugeben, sondern im Organismus zurückzuhalten.
Energiespeicher für schlechtere Zeiten sind die Höcker, die hauptsächlich aus Fett bestehen, das bei Futtermittelknappheit umgewandelt wird. Geschrumpfte Höcker stellen ein Indiz für einen schlechten Ernährungszustand dar.
In der Regenzeit können Dromedare ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf über den Wasserhaushalt der aufgenommenen Grünpflanzen decken und monatelang ohne Frischwasser überleben. Sie überstehen extreme Durststrecken und kommen drei Wochen ohne Wasser aus. Dromedare ertragen einen Wasserverlust von 40 Prozent, ohne Schaden zu nehmen. Den Wasserverlust gleichen Dromedare durch einmaliges Trinken in kürzester Zeit voll aus. So wird berichtet, dass Dromedare in 15 Minuten 200 Liter Wasser aufnehmen können. Bei jedem anderen Säugetier käme es zu einer Wasserintoxikation, welche die roten Blutkörperchen zum Platzen bringt, was den Tod nach sich zöge.
Eine weitere Besonderheit ist das Vermögen des Dromedars, die aufgenommene große Flüssigkeitsmenge innerhalb kürzester Zeit zu absorbieren und damit die ausgetrockneten Körperzellen wieder aufzufüllen. Entscheidend hierfür ist das Kompartment 1 (entspricht dem Pansen; die drei Vormägen der Kameliden werden Kompartments bezeichnet), das in der Lage ist, große Mengen Flüssigkeit aufzunehmen, bevor sie in den Darm gelangen. Bei den echten Wiederkäuern ist das nicht möglich, da die Pansenschleimhaut aus Zotten besteht und nicht aus einer Drüsenschleimhaut.
Bei den meisten Säugetieren und beim Menschen wird das Wasser beim Transpirieren zu einem erheblichen Teil dem Blut, genauer dem Blutplasma, entzogen, das dadurch stark eindickt, beim Kamel dagegen hauptsächlich dem alimentären Trakt. Dadurch bleiben das Blut dünnflüssig und der Kreislauf funktionstüchtig. Um Flüssigkeitsverluste durch Transpirieren gering zu halten, können dehydrierte Kamele die Temperatur ihres Bluts der Außentemperatur angleichen. Zur Stabilisierung der Körpertemperatur auf 37 °C benutzen fast alle Säugetiere und der Mensch die bei der Verdunstung des Schweißes entstehende Verdunstungskälte. Beim dehydrierten Kamel beginnt der Kühlmechanismus jedoch erst bei einer Temperatur von 40 bis 42 °C zu wirken, was Flüssigkeit und Energie spart. Zusätzlich kann das Kamel seine Körpertemperatur bis auf 34 °C absenken, in kühleren Nächten somit Wärme abgeben, einen "Kältevorrat" für den nächsten heißen Tag anlegen und zusätzlich Energie sparen. Wie kein anderes Säugetier besitzt das Kamel also eine Körpertemperaturschwankungsbreite von 6 bis 8 °C.
Die hohe Körpertemperatur würde auch beim Kamel auf die Dauer lebensbedrohliche Folgen nach sich ziehen, insbesondere die Gehirnzellen und die Retina der Augen wären gefährdet. Doch auch hier hat es die Natur speziell ausgerüstet und in seiner langen Nase einen außerordentlichen Kühlmechanismus eingebaut. Untersuchungen, die der norwegische Physiologe Schmidt-Nielsen in Kenia durchführte, ergaben, dass Kamele heiße Wüstenluft einatmen, welche die Nasenschleimhaut austrocknet. Große Flächen der Nasenbeläge werden dadurch hygroskopisch. Während des Ausatmens streicht wasserdampfgefüllte Luft von den Lungen über diese trockenen Oberflächen, die das Wasser absorbieren, und die Ausatmungsluft, normalerweise wasserdampfgeschwängert, ist trocken. Das von der Nasenoberfläche aufgenommene Wasser kühlt nun ein Geflecht von Gefäßen, das Halsschlagadergeflecht (carotid rete), welches sich in der Nähe der langen Nasenmuscheln befindet. Das in diesem Geflecht gekühlte Blut reduziert wiederum die Temperatur des Bluts der parallel verlaufenden Halsvene (Jugularisvene), deren Blut von der Nase zum Herzen fließt. Während dieses venösen Rückflusses wird das heiße arterielle Blut, vom Herzen kommend, das die hitzeempfindlichen Gehirn- und Augenzellen versorgt, vom Halsvenenblut gekühlt (counter-current). Dieser einzigartige, einfache Kühlmechanismus schützt die gefährdeten Zellen vor Überhitzung. Gehirn und Augen sind um 4 bis 6 °C kühler als der Gesamtorganismus.
Des Weiteren haben Kameliden die Fähigkeit, Flüssigkeit über die Exkremente zu konservieren. Kühe verlieren beispielsweise über den Kot 20 bis 40 Liter Flüssigkeit pro Tag, Dromedare hingegen nur 1,3 Liter. Kamele setzen kleine, trockene Kotballen ab, weil im Enddarm besondere Zellen dem Kot Flüssigkeit entziehen. Wichtig für den Wasserhaushalt sind auch die Funktion und Struktur der Kamelnieren. Die Henlischen Schleifen der Niere sind vier- bis sechsmal länger als die des Rindes, wodurch sowohl der Urin konzentriert als auch der Urinfluss verlangsamt wird. Dehydrierte Kamele setzen Urin nur in Tropfen ab, sichtbar an den weißen Kristallstreifen an Schwanz und Beinen. Der Urin ist stark eingedickt. Die Art ihrer Nieren ist auch der Grund dafür, dass Kamele Meerwasser (NaCl-Gehalt über drei Prozent) aufnehmen und sich von salzhaltigen Pflanzen ernähren können, was das Überleben der Wildtrampeltiere in China ermöglicht.
Das Kamel liefert Fleisch, Milch, Wolle und Dung als Brennmaterial, für die Entwicklungsländer ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. In Somalia und Sudan leben Millionen Nomaden von Kamelmilch, die einen unschätzbaren Nährwert und oft die wichtigste Vitamin-C-Quelle für die Menschen darstellt. Ihr Vitamin-C-Gehalt ist vier- bis sechsmal so hoch wie der von Kuhmilch, und auch die Milchleistung von 10 bis 20 Litern pro Tag und Tier macht das Kamel zum wichtigsten Begleiter der Wüstenbewohner, deren Überleben in der Wüste seit ewigen Zeiten von der Fähigkeit des "Wüstenschiffes" abhängig war, den harschen Bedingungen durch eine adaptierte Physiologie zu begegnen.