Islam in Afrika
Der Islam ist in Nord- und Westafrika die wichtigste Religion.
Seit dem 18. Jahrhundert stellt er in Westafrika (vor allem im Sahelraum) die prägende kulturelle und geistige Kraft dar, durch die auch Handwerk und Baukunst ihre unverwechselbaren Merkmale erhielten, wie vor allem die großartige Lehmarchitektur dokumentiert.
Der Islam wird im Sahelraum seit dem 11. Jahrhundert praktiziert, als nomadische Berber aus der Sahara und Marokkaner aus dem nordafrikanischen Raum den neuen Glauben nach Süden trugen.
Es waren die Tukulor im Gebiet des Senegal-Flusses und die Soninke im Süden des heutigen Mauretanien, die Träger des alten Ghana-Reiches, die als erste schwarzafrikanische Völker durch Kontakt mit den nomadischen Berbern den Islam übernahmen.
In dieser Zeit bildete sich eine Form des Islam heraus, wie sie in den folgenden Jahrhunderten für die gesamte Region typisch war:
eine ausgesprochene Klassenreligion, zu der sich vor allem die führenden aristokratischen Schichten des Königshofes, die Prinzen, Hofbeamten, Gelehrten und reichen Kaufleute bekannten und deren Kult in den Händen einer Priesterschicht lag, wohingegen die Masse der schwarzafrikanischen Bauernbevölkerung während des gesamten Mittelalters weitgehend den animistischen Kultformen treu blieb.
Von den Soninke und Tukulor des alten Ghana-Reiches breitete sich der Islam im 11. und 12. Jahrhundert durch die Sarakolle- und Diola-Händler von West nach Ost insbesondere in den großen städtischen Hnadelszenttren des mittleren Nigergebietes (Djenné, Timbuktu, Gao) aus.
Der blühende Transsaharahandel zur Zeit der Mali- und Songhay-Reiche verstärkte die kulturellen und religiösen Beziehungen zwischen Westafrika und den Zentren der islamischen Welt in Nordafrika und dem Vorderen Orient.
Die islamischen Herrscher der Mali - und des Songhay-Reiches versuchten vergeblich, den Islam unter den Bambara, Mossi und Fulbe-Nomaden zu verbreiten. Mit der Zeit bildete sich ein mehr oder weniger friedliches Nebeneinander beider Religionen heraus, das erst im 18. Jahrhundert durch fanatische Reformbewegungen islamischer Herrscher ein Ende fand.
In Heiligen Kriegen wurden neue islamische, theokratische Staatsgebilde geschaffen, durch diese Staaten wurde der Islam dann auch unter der Masse der Bevölkerung verbreitet.
Der Islam nordafrikanischer Prägung ist nicht nur eine religiöse Glaubensrichtung, er formt auch die gesamte Lebensart.
In Schwarzafrika dagegen breitete er sich vor allem als reiner Kult aus und beeinflusste die Sozialstruktur weniger stark.
Die westafrikanischen Völker übernahmen das Dogma vom einen Gott Allah und praktizieren das islamische ritual mit den fünf Hauptvorschriften (Bekenntnis des Glaubens, die täglichen Gebete und Waschungen, das Fasten im Ramadan, das Almosengeben und die Mekka-Pilgerfahrt) zwar in ausserordentlicher Glaubenstreue, jedoch blieben die soziale Struktur, die alten Sitten und Gebräuche nahezu unbeeinflusst, so dass etwa Heirats-, Brautpreis- oder Nachfolgeregelungen weiterhin den traditionellen afrikanischen Bräuchen folgen.
Während sich im politischen Bereich das monarchische und theokratische PRinzip auf der Grundlage des Koran durchsetzte, blieb das System der Verwandtschaft mit der Institution der erweiterten Familie (Großfamilie), basierend auf Clanstrukturen, unangetastet.
Der Islam prägte so die Gesellschaften in Westafrika nur oberflächlich, er veränderte Glauben und Kult, nicht aber Ethik und Philosophie der westafrikanischen Völker. Im Laufe seiner Geschichte hat er sich aufgrund seiner weitgehenden Toleranz mühelos mit dem Animismus verbunden und synkretische Glaubensformen hervorgebracht.
weitere Informationen: Islam - Christentum- traditionelle Religionen - Synkretismus - Judentum in Afrika